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31 Jul 2019 13:12 #179075 von BinKino
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www.heise.de/autos/artikel/Dauertest-Kia-e-Soul-BEV-Kaufberatung-4455204.html

Wie wähle ich ein Elektroauto für mich aus?
Dauertest Kia e-Soul: BEV-Kaufberatung
Fahrberichte 30.07.2019 07:00 Uhr Clemens Gleich

Dieser Erfahrungsbericht besteht aus mehreren Teilen. Dieses ist der fünfte Teil.

Teil 1: Fahrbericht Kia e-Soul
Teil 2: Batteriehub und Reichweite
Teil 3: Ladekarten und Apps
Teil 4: Autobahn-Verbräuche im Trockenen

Wenn in Presse oder gar Forschung über die Reichweite von BEV diskutiert wird, taucht meistens die „Durchschnittsreichweite“ als Argument auf. Der „durchschnittliche Deutsche“ fährt rund 40 km am Tag, um auf eine Jahresfahrleistung von rund 15.000 km zu kommen. Man findet auch die Hälfte der Tagesfahrleistung, den Grund habe ich aber noch nicht herausgefunden. Vielleicht rechnet der Rechnende dabei nach zugelassenen Fahrzeugen im stetig steigenden Bestand statt nach Fahrerlaubnisinhabern. So oder so ist der gern zitierte Durchschnittswert für Sie vollkommen irrelevant, wenn Sie ein Elektroauto kaufen wollen.

Ich gebe mich selbst als Beispiel. Meine Jahresfahrleistung liegt mittlerweile unter 15.000 Kilometern, weil mein Arbeitsweg nur fünf Meter lang ist und ich ihn daher nur in Ausnahmefällen fahrend bewältige. Wenn ich jedoch fahren muss, dann häufig 800 und mehr Kilometer am Tag. Kaufte ich mir ausgehend von meiner durchschnittlichen täglichen Fahrleistung ein Fahrzeug, würde ich damit sehr unglücklich werden. Der Durchschnitt sagt nichts über die Verteilung aus, das ist die große Schwäche dieses Werts. Deutschlands „Durchschnittsverdienst“ liegt bei knapp 3800 Euro im Monat brutto bei Vollzeitbeschäftigung. Es gibt damit nicht so viele Durchschnittsverdiener wie man denkt, und genauso gibt es sehr wenige Autofahrer, die tatsächlich Montag bis Sonntag jeden Tag 40 km fahren, aber sonst nichts mit dem Auto machen.

Der rechte Weg

Die richtige Methode zur Auswahl eines Fahrzeugs, vor allem eines Alleinfahrzeugs, zu dem es keine Alternative mit anderem Fertigkeitsprofil im Haushalt gibt, funktioniert so: Wählen Sie ein Auto aus, das mindestens 95 Prozent ihrer Fahrtenanforderungen abdeckt. 90 Prozent klingt zwar viel, aber möchten Sie wirklich ein Auto, das für zehn Prozent ihrer Fahrleistung ungeeignet ist? Ich glaube: nein. 95 Prozent sind ein Richtwert, die meisten Menschen werden sich in die Richtung 98 bis 99 Prozent orientieren. Wo es (etwa auf dem Land) wenig Mobilitäts-Alternativen gibt, muss das Alleinauto eben fast alles schaffen. Wir können auf die großen, schweren, ressourcenintensiv herzustellenden Batterien schimpfen, wie wir wollen, ohne sie tut sich ein BEV einfach schwer mit der Eignung für die Mitte der Gesellschaft.

Ich bleibe bei meinem Beispiel, mir selbst. Ich fahre heute 5 km zum Einkaufen, tags darauf fahre ich 670 km für ein Interview am Nürburgring und zurück. Danach fahre ich vier Tage lang gar nicht. Sollte ich ein BEV als Alleinfahrzeug kaufen und wenn ja: welches? Ich gebe mir den Tipp: nein, eher nicht. Selbst in einem Tesla S mit der größten Batterie (das autobahntauglichste BEV am Markt) wären meine Fahrtschnitte zu niedrig, meine Reisezeiten daher zu lang. „Kaufen Sie sich ein Pedelec für die Stadt, Herr Gleich“, würde ich mir sagen, „und leihen Sie für die Langstreckenfahrten Verbrennerfahrzeuge aus.“ Ich könnte natürlich statt Pedelec oder Roller auch ein Elektroauto in der Stadt fahren, aber das kostet ein großes Vielfaches, steht im Stau, findet nirgends einen Parkplatz und kann nur bei Großeinkäufen wirklich mehr als das Fahrrad – Unsinn.

With or without Soul

Könnte ich also mit dem Kia e-Soul leben? Abgesehen davon, dass es für meinen Fall ökonomischer Unsinn wäre, 38.000 Euro dafür auszugeben: Ja. Ich könnte mit dem Leih-Verbrenner an den Nürburgring fahren oder ich könnte mit dem e-Soul hinfahren und dort übernachten. Werde ja auch nicht jünger. Ich bin kürzlich mit dem Kia-Kistchen zum Bergsteigen nach Ehrwald gefahren: 245 km von hier. Das hätte ich ohne Zwischenladen geschafft. Ich lud aber zwischen, weil ich mir die Alpitronic-Schnelllader in Seligenweiler anschauen wollte. Während einmal pinkeln gehen fasste der Wagen knapp 10 kWh nach. Damit hatten wir am Ziel mehr Spannung und weniger Stress, weil es keinen Destination Charger am Hotel gab (Baustelle). Das Roaming mit der ADAC-Karte (“e-Charge“) funktionierte in Österreich problemlos. Zum ersten Mal gab es an der Ladestation Probleme, an denen wahrscheinlich der Kia beteiligt war. Die Ladung startet dann gar nicht erst. Wenn ich den Stecker festhielt, ging es, aber da die Versuchsanzahl so gering war, ist es bis jetzt nur Spekulation, dass es ein Kontaktproblem mit den Datenleitungen sein könnte. Der Tiroler Hersteller Alpitronic, der die schicken DC-Stationen mit der magnetischen Rastung herstellt, ist sehr bemüht und gut zu erreichen und gehört daher zu meinen bevorzugten Herstellern. Die Hardware ist toll, und der Kunde erhält den Eindruck, dass hier wirklich jemand ein gutes Gerät anbieten will. Daneben schauen Ionity-Lader sehr nach MVP aus (Minimal Viable Product), wie es Kollege Sebastian Bauer formulierte.

Könnte man diese Tour auch mit der kleineren Batterie in Kias Programm fahren? Sicher. Aber ich würde es nicht tun. Genauso könnte ich mit dem e-Soul sicherlich die knapp 1000 km zur Mole Dagebüll schaffen, die ich zur Winterflucht auf Amrum zurücklege. Aber ich würde es nicht tun, weil der e-Soul diese Distanz nicht in den 8, 9 Stunden schafft, die ein Diesel-Astra auf weihnachtlich leeren Autobahnen brutto inklusive Tanken braucht. Den Astra kippe ich auf der Mole ab, wo der freundliche Mann vom Vermieter ihn abholt und ihn mir wieder bringt auf der Rückreise. Auf der Insel brauche ich kein Auto.


Eine ähnlich nonpuristische Grundeinstellung lege ich Ihnen auch ans Herz. Sie können sich nichts davon kaufen, auf Teufel komm raus alle Ihre Fahrten elektrisch zurückzulegen. Es wird keine Greta Thunberg von Schweden herabsteigen und Ihnen einen Orden ans Revers heften, schon gar nicht fürs Autofahren. Wenn ich auf der Autobahn 400-PS-Teslas sehe, wie sie mit 90 bis 110 herumkriechen, kann ich das zwar verstehen, aber nicht als Empfehlung für bisherige Verbrennerfahrer geben. So einen Purismus muss man wollen. Deshalb höre ich gerade langsam auf, strikt maximal 130 auf der offenen Autobahn zu fahren. Das schien mir wichtig für passende Vergleichswerte, doch da der bei weitem größte Einflussfaktor in der Verkehrsdichte liegt, sind diese Werte ohnehin nur schwer vergleichbar.

Also habe ich begonnen, auf der freien Autobahn 140 bis 155 zu fahren. Der Verbrauch steigt dabei weniger stark an, als die Physik das nahelegt, weil die Straßen selten lange frei sind. Damit kommt der e-Soul zwar keine 300 km mehr, das Gefühl „ich muss jetzt langsam fahren wegen Akku“ fällt aber weg, was ich persönlich als Entlastung empfinde. Bei den bisherigen Messungen stieg der Verbrauch dabei von 19 (bei maximal 130 km/h) auf knapp 21 kWh / 100 km (netto). Der Schnitt in Fahrt steigt jedoch auch etwas an. Wie sinnvoll so ein Verhalten ist, hängt natürlich von der Anzahl der Schnelllader entlang der Strecke ab. Auch hier: Wenn eine Strecke lang ist und ohne DC-Lader, dann holen Sie sich einfach diesen Mietdiesel, fertig. Wenn an Ihren viel benutzten Langstrecken keine DC-Lader stehen: Guess what? Dann sollten Sie weiter abwarten, statt sich ins Unglück zu stürzen, mit einem I-Pace am 7,4-kW-Tröpfelkabel zu stehen. Realistisch bleiben.

Hilfe vorab: Es bieten mittlerweile mehrere Anbieter Smartphone-Apps an, die das Fahrverhalten messen und daraus Tipps geben zur BEV-Eignung des gemessenen Profils. Bei Mercedes heißt sie „EQ Ready“, bei der EnBW ist die Funktion in der Lade-App „Mobility+“ enthalten, das Institut für Energie- und Umweltforschung bietet „My eDrive“ an, der ADAC dasselbe unter „ADAC e-Drive“ (beide nur Android). Die genannten Mess-Apps sind kostenlos und verhindern, dass sich der BEV-Interessent vor dem Kauf grob verschätzt.

Die deutsche Eiche

Apropos Messung: Ich bin mir nach einigen Nachmessungen recht sicher, dass einige der betagteren 50-kW-Lader, die ich zur Autobahn-Verbrauchsmessung heranzog, trotz Eichung falsch messen. Sie tun das zugunsten des Kunden, eignen sich damit jedoch nicht mehr zur Verbrauchsmessung. Ich vermied die alten Schnelllader und kam bei sommerlichen Temperaturen und maximal 130 km/h zu einem Schnittverbrauch von 20,4 kWh / 100 km brutto über 670 km (18,6 kWh netto) und einem von 21,3 kWh / 100 km brutto über 254 km (19,3 kWh netto). Die erfreulich niedrigen, aber falschen Frühjahrs-Verbräuche im Vor-Artikel habe ich korrigiert. Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten. Ich dachte wirklich, ich könne mich auf die amtlich deutsche Eichung verlassen, hätte aber doch auf den Konsumenten-Koreaner hören sollen.

Ich habe die versprochene Folge mit AC-Ladung in der Stadt verschoben, damit die falschen Messwerte möglichst schnell erklärt und korrigiert werden. Auch dafür eine Entschuldigung, der Stadt-Alltag folgt beim nächsten Mal. Über Kias App „UVO Connect“, mit der das Auto den Ladestand ans Smartphone schickt, das Smartphone Anweisungen für die Klimatisierung ans Auto schicken kann, habe ich inzwischen eine eigene Geschichte verfasst.

(cgl)


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31 Jul 2019 18:11 #179092 von Pfälzer68
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Moin.

...was ein Schwätzer... :facepalm:

Aber das wird wohl usus werden, der 1:1 Tausch aller Verbrenner gegen BEVs... zumindest in den Köppen der Oldies...

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01 Aug 2019 06:45 - 01 Aug 2019 06:45 #179110 von GOM
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Pfälzer68 schrieb: Moin.

...was ein Schwätzer... :facepalm:

Aber das wird wohl usus werden, der 1:1 Tausch aller Verbrenner gegen BEVs... zumindest in den Köppen der Oldies...


Sehe ich genauso!

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Letzte Änderung: 01 Aug 2019 06:45 von GOM.

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